Pressemitteilung des Wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik:
Die Ermittlung der Klimaschutzleistung von Wald und Holznutzung: Orientierungshilfe in einer kontroversen Debatte
Berlin, 8. Juli 2025 – Klimaschutz ist ein vordringliches Politikziel. Auch der Wald und die Holznutzung können zum Klimaschutz beitragen. Aktuell gibt es allerdings unterschiedliche Argumentationslinien für diesen Klimaschutzbeitrag, die zu gegensätzlichen Empfehlungen für die Bewirtschaftung von Wäldern und Nutzung von Holz führen. Der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik (WBW) hat dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat eine umfassende Stellungnahme vorgelegt, die von der Parlamentarischen Staatssekretärin Martina Englhardt-Kopfdem entgegengenommen wurde. In dieser Stellungnahme stellt der WBW die Komplexität der Klimaschutzleistung von Wald und Holznutzung anschaulich dar und weist auf wesentliche Punkte bei der Ermittlung der Klimaschutzleistung hin. Die Expertinnen und Experten geben unter anderem folgende Empfehlungen für den Umgang mit diesem Thema:
Das System ganzheitlich betrachten
Die Teilsysteme Waldspeicher, Holzproduktespeicher und potenzielle Substitution interagieren miteinander und bilden zusammen die Klimaschutzleistung von Wald und Holznutzung. Daher sollten sie auch immer im Zusammenhang des Gesamtsystems betrachtet werden. Aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungen von Treibhausgassensenken und – quellen sollten die C-Speichereffekte von Wald und Holzprodukten sowie die potentiellen THG-Substitutionseffekte der Holz- und Nicht-Holzprodukte jeweils getrennt und dadurch mit erhöhter Transparenz dargestellt werden. Nur so können die Wechselbeziehungen zwischen diesen Stellschrauben des Klimaschutzes erkannt werden.
Märkte berücksichtigen
Die integrative Perspektive schließt explizit auch die Betrachtung der Märkte für Holzprodukte und korrespondierende Nicht-Holzprodukte mit ein. So können auch Folgen über den Forst- und Holzsektor hinaus mitberücksichtigen werden. Das ist notwendig, um jeweils gleiche „Nutzenkörbe“ für die Menschen miteinander zu vergleichen.
Waldentwicklungen und Produktlebenswege zeitlich differenziert darstellen
Darüber hinaus empfiehlt der WBW, nicht nur die zeitlichen Verläufe der Wald- und Holzspeicher, sondern auch der THG-Emissionen aus Herstellung, Gebrauch und Entsorgung der Holz- und Nicht-Holzprodukte über den gesamten Produktlebensweg zeitlich differenziert darzustellen. Dies dient der besseren Anpassung von Maßnahmen im Bereich der Waldbewirtschaftung und Holzverwendung an kurz-, mittel- und langfristige Klimaschutzziele.
Unsicherheiten transparent kommunizieren
Bei der Berechnung der zukünftigen Klimaschutzleistung von Wald und Holznutzung gibt es eine ganze Reihe von Unsicherheiten. Sie setzen sich aus der natürlichen Streuung empirischer Daten, den notwendigen Modellvereinfachungen sowie den Annahmen über die Entwicklung der Einflussfaktoren zusammen. Diese Unsicherheiten in den verwendeten Daten und Modellen sollten mit geeigneten Methoden quantifiziert und kommuniziert werden.
Szenarien gemeinsam entwickeln
Für die Abschätzung der zukünftigen Klimaschutzleistungen des „Wald-Holz-Systems“ benötigt man Szenarien und Modelle. Die Szenarienbildung umfasst die Wahl der Systemgrenzen, des Betrachtungszeitraums und der Annahmen über die Entwicklung der natürlichen, wirtschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Einflussfaktoren auf das System. Zusammen haben diese Setzungen starken Einfluss auf das Ergebnis. Sie sollten daher klar definiert und transparent offengelegt werden. Eine gemeinsame Bildung von Szenarien unter Einbeziehung verschiedener Stakeholder und Bundesressorts könnte substanziell zur Harmonisierung unterschiedlicher Sichtweisen beitragen.
Die vollständige Stellungnahme finden Sie unter: https://www.bmleh.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/waldpolitik/klimaschutzleistung-wald-holz.html
Zum WBW:
Der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik (WBW) berät und unterstützt die Bundesregierung bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder. Der Beirat ist mit Vertretern verschiedener wissenschaftlicher Fachdisziplinen besetzt, die die gesellschaftlichen Anforderungen an den Wald widerspiegeln. Der Beirat prüft die Ziele und Grundsätze der nationalen und internationalen Waldpolitik. Er unterbreitet Vorschläge für die Weiterentwicklung der waldpolitischen Rahmenbedingungen und der Instrumente zur Umsetzung der Waldstrategie. Darüber hinaus bemüht er sich um einen Ausgleich zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Ansprüchen an den Wald und fördert den wissenschaftlichen Diskurs über eine nachhaltige, multifunktionale Bewirtschaftung der Wälder. Ferner werden von ihm Zustände diskutiert und bewertet, Impulse bei Veränderungsbedarf gegeben und Initiativen aus unterschiedlichen Wissenschafts- und Gesellschaftsbereichen aufgegriffen. Die Politik berät er durch Statusberichte und Empfehlungen.
Quelle: Wissenschaftlicher Beirat für Waldpolitik